Die Hinterroidkapelle zur heiligen Maria

Eckdaten:
erbaut:                1868
Eigentümer:      Franz Wendtner, Hinterroidbauer, Lengroid 10
Abmessungen: 370x540, Seitenwände 390cm, 3 apsisflächen je 175cm breit, Traufenhöhe 290cm, Giebelhöhe 450cm
Patrozinium:      Hl. Maria (Muttergottes von Mariazell)

Aussehen
An der Straße von Pfongau ostwärts Richtung Oberhofen steht zwischen dem Vorder- und dem Hinterroidergut diese schöne Kapelle. Sie trägt ein steiles Satteldach mit einem Walmabschluss übder der Fünf-Achtel-Aspis. Die Kapelle hat eine Bleicheindachung und Blechdachrinnen. Die Eichentür besitzt ein vorgesetztes geschmiedetes Gitter, die Türöffnung ist 105 cm breit. Während die Westseite fensterlos ist, sind im Osten zwei Fenster mit Segmentbögen. Das ovale Ochsenauge im Fassadengiebel enthält einen schmiedeisernen Schriftzug mit dem Jesusmonogramm IHS.

Innen
Das Innere der Kapelle überrascht mit einem schönen barockisierenden Säulenaltar mit Volutenauszug. Er trägt eine Statue der Madonna mit dem Jesuskind und zwei Nebenfiguren, den heiligen Leonhard und den heiligen Florian. Das Auszugsbild zeigt die Heiligste Dreifaltigkeit. Der geschnitzte Altar ist marmoriert, die Säulen besitzen korinthische Kapitelle. Der freundliche Raum hat ein Tonnengewölbe, und zu beiden Seiten des Mittelganges stehen je vier Sitz- und Kniebänke mit je zwei Sitzplätzen, sodass 16 erwachsene Personen im Kapellengestühl Platz finden.

Chronik
Theresia Wendtner ließ die Kapelle errichten, nachdem sie größte finanzielle Probleme lösen konnte. Die Wendtner besaßen das nahe gelegene Ginzinggut, das schon zu Oberösterreich gehört. Als das Hinterroidgut im Jahr 1868 zum Kauf angeboten worden war, griff Theresia Wendtner zu, obwohl die Finanzierung nicht wirklich gesichert war. Sie befürchtete, den Kauf rückgängig machen zu müssen und die beiden Bauernhöfe nicht halten zu können. Sie gelobte, eine Kapelle zu bauen, wenn sich ihre Sorgen in Wohlgefallen auflösten und die Kreditschulden dem Köstendorfer Dechanten gegenüber getilgt werden konnten.

Im Jahr 1872 konnte der Kapellenbau fertig gestellt und eingeweiht werden. Nahezu hundert Jahre konnte die Kapelle völlig unversperrt bleiben, und keinem Besucher wäre es eingefallen, einen Einrichtungsgegenstand zu stehlen. Bis 1960 einem unbekannt gebliebenen Dieb die Kapelle nicht mehr heilig war und er nicht davor zurückschreckte, die Gnadenstatue der heiligen Maria zu entwenden. 1961 wurde die Kapelle von Franz und Anna Wendtner gründlich renoviert; sie erhielt einen neuen Fußboden und neue Stühle, die verwandte Familie Weinbacher (Diesenberggut, Pfongau 38) stiftete die neue Madonnenstatue, Frau Rosa Edtmaier (Stadljackl, Sommerholz 30) zwei Sturzgläser. Diese Ausstattung gab es nur bis zum Jahr 1986, als die Kapelle völlig ausgeraubt wurde. Die Neumarkter Bildhauerwerkstatt Franz Lohninger bekam nun den Auftrag, eine Statue der Hl. Muttergottes von Mariazell, eines des Hl. Florian und eine des Hl. Leonhard anzufertigen. Die drei Statuen wurden von Josef Juber, Restaurator und Vergolder in Salzburg, gefasst. Außerdem wurden ein neues Standkreuz und Kerzenständer erworben. Die Erneuerung des Altares aus dem Jahr 1972 und die Innenfärbelung wurden ebenfalls vom Restaurator Josef Huber durchgeführt. Die Kapelle ist nun über eine automatische Alarmanlage gesichert. Am 1. Mai 1989 wurde der Abschluss der Kapellenrenovierung mit der Segnung durch Pfarrer Geistl. Rat Matthias Schwab gefeiert.

Gegenwärtig
Die Hinterroidkapelle spielt seit vielen Jahren eine besondere Rolle für das Wallfahrtswesen und das religiöse Brauchtum der Stadtpfarre Neumarkt am Wallersee. Alljährlich ist hier am Pfingstmontag um 4 Uhr am frühen Morgen der Treffpunkt der TeilnehmerInnen am so genannten „Wolfganggehen“, der Fußwallfahrt auf dem historischen Pilgerweg nach St. Wolfgang. Es handelt sich Jahr für Jahr um eine Drei-Orte-Wallfahrt, denn bevor man das Ziel St. Wolfgang im Salzkammergut erreicht, werden das Marienheiligtum Hilfberg in Mondsee und der Kraftplatz Falkenstein mit dem einzigartigen Kapellen.-Ensemble besucht. Nach drei Etappen mit je drei Gehstunden erreicht die Pilgergruppe aus Neumarkt die Wallfahrtskirche mit dem weltberühmten gotischen Flügelaltar von Michael Pacher.

Quelle: Raststätte. Auf dem Weg mit Christus (2009). Eigenverlag des PGR Neumarkt am Wallersee